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Ein Thema, weil wir es zum Thema machen?

Ein Thema, weil wir es zum Thema machen?

Definitiv.
Worauf ich heute eingehen möchte, ist ein Dilemma, welches ich in der Familienbegleitung recht häufig erlebe. Ein Dilemma, das sich jedoch leicht lösen lässt, wenn wir unseren Blickwinkel verändern und die Situation(en) aus einer anderen Perspektive betrachten. Oder auch damit beginnen, das große GANZE anzuschauen.
Wie leicht es im Endeffekt wirklich ist und wie sich verschiedenste Themen mehr oder weniger in Luft auflösen, wenn wir ihnen anders begegnen, war uns zu Beginn unseres Elternseins nicht klar. Nicht so, wie es hilfreich gewesen wäre. Stattdessen waren wir jedes Mal wieder darauf bedacht, die unterschiedlichsten Themen an der Oberfläche beziehungsweise im Umgang mit dem Kind zu lösen. Also dort, wo es sich offenbarte. Und im Endeffekt aber auch dort, wo es in Wahrheit keinen Sinn macht anzusetzen.

Warum haben wir dann begonnen andere Wege zu suchen und tiefer zu gehen?
Auslöser dafür tiefer zu gehen und diesen Impuls wie auch unsere Erkenntnisse dafür zu nutzen eine eigene Art der Familienbegleitung zu begründen – nämlich jene nach dem Authentic Parenting Prinzip, waren letztendlich verschiedene Fragen, die uns, in unserem eignen Elternsein nicht zur Ruhe kommen ließen.
Denn warum sind manche Situationen so komplex und andere wiederum nicht einmal der Rede wert?
Und warum fühlen wir uns von manchen Verhaltensweisen oder Reaktionen unserer Kinder so gefordert und von anderen werden wir nicht einmal berührt? Oder können sie einfach nehmen wie sie sind?

Der Einfachheit halber …
und damit es leichter verständlich wird, habe ich heute ein Beispiel herausgepickt, dass bei vielen Familien jeden Abend wieder der Auslöser für Tränen, Wut, Frust und Resignation ist und welches in den vergangenen Jahren so oft und ziemlich zuverlässig in Gruppen und Seminaren ein Thema war … Das liebe Zähneputzen.
Ein wundervolles Beispiel dafür, wie schnell ein Thema überhaupt erst zum Thema wird, weil wir es genau dazu machen.
WAS? Das liegt doch wohl am Kind, das mit dem Zähneputzen und an der Art der Begleitung der Erwachsenen … oder etwa nicht?
Eher „etwa nicht“ … aber langsam und der Reihe nach.

Zunächst einmal …  
Ja, kleine Menschen sind individuell und jedes Kind hat so seine Eigenarten. Das ist auch gut so. Und wichtig. Und wünschenswert. Und hat doch nichts mit dem Zähneputzen oder irgendwelchen anderen Themen zu tun, die wir erst – durch unsere eigenen Berührungspunkte und Trigger zum Thema machen. Auch dann nicht, wenn die Einzigartigkeit und Individualität kleiner Menschen dazu führt, dass sie eben sehr unterschiedlich auf verschiedene Situationen reagieren.

Doch die Eigenarten kleiner Menschen sind keine Antwort auf die Frage, warum es denn bei den einen Kindern / Familien zum Thema wird und bei den anderen überhaupt nicht. Mehr noch, warum es bei einem Kind in einer Familie ein Thema ist und beim anderen möglicherweise nicht. Und darüber hinaus, ist das Zähneputzen vielleicht gar nur bei der Mama und beim Papa ein Thema, nicht aber wenn die Oma, der Opa oder die Tante putzt …

Also, woran liegt es?
Naja, die Oma ist halt wer „anderer“. Und außerdem ist es unangenehm … dieses Zähneputzen …
Oh ja, davon können wir ein Lied singen. Also von all den Gründen und Erklärungen, die wir für das  Theater damals gefunden haben, welches wir täglich wieder bei unserer Ältesten veranstaltet haben um ihre Zähne zu putzen. Ich weiß nicht mehr, wie viele unterschiedliche Zahnbürsten wir ausprobiert haben, wie viele Lieder wir gesungen und wie oft wir uns vor ihr zum „Kasperl“ gemacht haben – zu zweit versteht sich –  um die wenigen Zähnchen in ihrem Mund mit der Zahnbürste zu erwischen. Ich weiß aber noch, wie viele Emotionen da jeden Tag wieder aufs Neue dabei waren, wie fertig wir manches Mal danach waren, nach den täglichen Szenarien im Badezimmer oder auch wie groß das schlechte Gewissen an manchen Tagen war, wenn es mal wieder nicht ohne Tränen ging oder wir auch – aufgrund der intensiven Abwehrhaltung einfach aufgegeben und keine Zähne geputzt haben. Denn „einfach festhalten und putzen“, dazu waren wir glücklicherweise nie bereit auch wenn der Impuls manches mal da gewesen wäre. In unserer Verzweiflung und Wut darüber, dass es so unendlich kompliziert war. 
Rückblickend betrachtet wundert es uns heute nicht, dass dieses (für uns damals) „leidige“ Thema Zähneputzen einfach nur stressig war. Und noch weniger wundert es uns heute, dass es für unsere Älteste damals unmöglich war uns zu vertrauen, zu kooperieren und sich die Zähne putzen zu lassen. Denn eigentlich, wäre es keine große Sache gewesen …

… wenn wir erkannt hätten, woran es wirklich liegt.
Denn unsere Große und ihre Vorsicht, wie auch Skepsis in jeder neuen Situation war nicht das „THEMA“. Auch, wenn das damals eine äußerst willkommene Erklärung für uns war um nicht zu uns selbst zu schauen oder auch dahin, was wir denn für ein Thema mit der Situation hatten.
Und es war unser Thema.
In jeder Situation wieder, die uns als Eltern herausfordert, die schwierig ist und im Endeffekt vielleicht gar zu immer wiederkehrenden Spannungen führt, dürfen wir als Eltern zu allererst einmal zu uns selbst schauen.

Warum?
Weil kleine Menschen – durch ihre Bindung zu uns – in jeder (für sie und manchmal auch für uns) neuen Situation, zu uns blicken und auf uns und unser Agieren re-agieren. In ihrem Bedürfnis die Bindung zu uns aufrecht zu erhalten, Struktur und Orientierung zu bekommen, kooperieren sie mit uns und unseren Reaktionen auf ihr Verhalten.
Heißt?
Dass es hier im Grunde darum geht, dass WIR die Dynamik hinter der Situation erkennen und  – wenn nötig – auflösen.

Um das zu verdeutlichen noch einmal der Blick aufs Zähneputzen:
Da ist generell schon einmal das große Bedürfnis in uns (logischerweise), dass unsere Kinder schöne und gesunde Zähne haben, dem die Erkenntnis beigestellt ist, dass man Zähne gut und gründlich putzen muss. Von Anfang an … logisch. Und zusätzlich sind da noch die Erfahrungen der Eltern aus der eigenen Kindheit. Schlechte Zähne, Schmerzen, erschreckende Zahnarztbesuche, negative Beispiele und dazugehörige Glaubenssätze … was auch immer hier an Bildern und Erfahrungen in uns wirkt, es führt dazu, dass wir schon einmal nicht so entspannt in die Situation gehen, wie es für das Kind hilfreich wäre. Und nützlich.

Für den kleinen Menschen ist die Situation ganz neu. Zahnbürste, Zähneputzen, komisches Gefühl vielleicht … und im ersten Moment kommt vielleicht die Abwehrhaltung oder das „ich mag das gerade nicht“. Wie immer aber in neuen Situationen „wandert“ sein Blick zu uns. Zu den Menschen, zu denen die Bindung stark ist, denen sie vertrauen und die ihnen durch ihr eigenes agieren – verbal wie auch nonverbal – eine Orientierung bieten, wie mit der Situation umzugehen ist.
Wären wir hier entspannt und gelassen, würden wir dem kleinen Menschen zeigen, dass es okay ist – sowohl seine Reaktion als auch das Zähneputzen selbst und wir hier Zeit geben, voller Vertrauen, können die kleinen Menschen nach und nach entspannen und ihren Weg finden – mit unserer Begleitung.

Was aber, wenn uns das nicht gelingt?
Wenn wir – aus welchem Grund auch immer – von der Abwehrhaltung des kleinen Menschen getriggert werden? Dann reagieren wir – vor allem auf der körperlichen Ebene – mit Anspannung. Wir werden natürlich – mit all unserem Wissen – versuchen ruhig und gelassen zu bleiben. Werden vielleicht auch beruhigende Worte finden, möglicherweise auch sagen, dass es okay ist und halb so „schlimm“ oder was auch immer uns da einfällt … doch auf der Körper- und Gefühlsebene spürt unser Kind das genaue Gegenteil von dem, was wir sagen.
Dort – auf der Körper- und Gefühlsebene – signalisieren wir dem kleinen Menschen, das „ES“ nicht sicher ist und reagieren genau darauf.
Und auch hier kooperieren kleine Menschen mit uns – nur auf einer anderen Ebene. Einer, zu der wir nicht blicken und an die wir – mitunter – gar nicht denken. Und je länger diese Situation anhält, je gestresster wir reagieren und je nachhaltiger wir daran arbeiten dieses „THEMA“ an der Oberfläche zu lösen, desto mehr Druck baut sich auf und führt zu Gegendruck beim Kind bzw. klarer Abwehrhaltung.

Die Lösung?
Gleich um welche Situation es bei euch gehen mag. Ob ums Zähneputzen, das Essen, Anziehen oder was auch immer. Nehmt euch einen Augenblick Zeit und betrachtet die Situation, aus einer anderen Perspektive, von einem anderen Standpunkt. Blickt unter die Oberfläche, dorthin, wo das Verhalten des Kindes euch berührt und triggert.

Was berührt euch?
Was löst das Verhalten des kleinen Menschen bei euch aus?
Welche Gefühle sind da?
Welche Ängste?
Wie war das in eurer Kindheit?
Welche Erfahrungen habt ihr in ähnlichen Situationen gemacht?

All das sind Fragen, die ihr euch stellen könnt. Fragen, die euch dabei helfen unter die Oberfläche zu blicken und zu erkennen, was hier WIRKT. In euch.
Denn hier geht es nicht ums Kind und seine Individualität oder auch Reaktion auf die Situation. Das Kind ist nicht dasjenige, welches aus bestimmten Situationen ein THEMA macht. Es reagiert lediglich mit seiner ganz individuellen Art und bräuchte hier unsere er-wachsene Begleitung auf der Metagefühlsebene – um die Situation meistern zu können. In dem Augenblick aber, wo wir, getriggert und berührt von der Situation, re-agieren, können wir keine zuverlässige Bindung mehr geben.

Es geht also zuallererst immer um uns. Um unsere Prägungen, Verhaltensmuster und Glaubenssätze, die wirken und uns aus Situationen oder Reaktionen des Kindes, ein Thema machen lassen, welches im Grunde gar kein Thema wäre oder auch ist …

An dieser Stelle eine kleine Einladung auf unseren Telegram Kanal t.me/authenticparenting.at und die dazugehörige Gruppe, wo ihr Fragen stellen und Antworten finden könnt! 

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