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Aneinander geraten

Aneinander geraten

Der Tag hat noch nicht einmal begonnen, mein Körper ruht noch so herrlich entspannt im Bett, die Jüngste an mich gekuschelt, weil noch mitten im Träumeland. Doch diese Ruhe wird je gestört, weil zwischen der 8jährigen und der 5jährigen eine heiße Diskussion darüber entbrennt, wer neben mir kuscheln darf, und vor allem wie lange. Mit dem Ergebnis, dass beide unzufrieden und wir alle munter sind …

Wer kennt sie nicht, die Tage, an denen die für uns als Eltern mitunter mühsamen Streitigkeiten bereits im Morgengrauen beginnen und beim Schließen der Augen am späten Abend enden. Tage, an denen es laut und intensiv zugeht und Tage, die uns nicht selten den letzten Nerv rauben. Aber auf jeden Fall Tage, an denen wir uns abends möglicherweise die Frage stellen, ob wir vielleicht etwas anders machen könnten.
Diese ständigen Zankereien, diese ewigen Streitereien darüber wer, wie, was, wann … über gefühlte Lappalien (zumindest aus unserer Sicht).
Also begeben wir uns auf die Suche. Nach Lösungen und nach Hinweisen, wie oder was wir tun könnten, damit sich die Lage entspannt und etwas mehr Harmonie einkehrt. Ins Geschwister- und somit auch ins Familienleben.

  • Doch können wir wirklich etwas tun, damit sich die Lage entspannt und Geschwisterkinder sich vertragen?
  • Gibt es hier eine ultimative, einfache, hilfreiche und praktikable Lösung, um ein harmonisches, friedliches und verständnisvolles Miteinander zu schaffen?
  • Brauchen Streitigkeiten unser Eingreifen überhaupt oder dürfen wir uns auch hier einmal mehr daran orientierten, Raum zu geben, uns zurück zu halten und aus dem Hintergrund zu begleiten?

Als wir Eltern wurden war für uns klar, wie unser Familienleben aussehen sollte. Und als aus einem Kind zwei wurden und mit der Zeit die Kinderzahl wuchs, klaffte da plötzlich dieser Grat zwischen unserer Vorstellung von einem harmonischen Miteinander und dem, wie die Realität aussah.
Ja natürlich. Die lieben Kleinen spielten wunderbar miteinander und da waren diese Momente in denen sie einträchtig auf der Couch saßen oder irgendwo spielten. Aber da gab es auch die anderen Momente. Diese gefühlten Milliarden Male am Tag, wo eine hitzige Debatte darüber entbrannte, wer, was, wann hatte, durfte ….

Mit dem Streit ist das so eine Sache. Viele Bücher werden darüber geschrieben. Viele Ratschläge werden erteilt und nicht selten haben wir bereits in unserer eigenen Kindheit gelernt, dass man DAS eigentlich nicht tun soll. Streiten.
Wir haben gelernt, dass MAN (wer auch immer dieser „man“ ist) sich eigentlich vertragen soll. Und dadurch eine Idee entwickelt, wie das Optimum aussieht. Ein Miteinander in dem sich alle vertragen und niemand streitet.
Das erzeugt Druck. Druck, der im Endeffekt zu Spannungen führt, der die Dynamik verändert und still und heimlich wirkt. In uns Erwachsenen ebenso, wie in den Herwanwachsenden.

Am Rande erwähnt
Streit ist nicht gleich Streit. Die in Wahrheit harmlosen Streitereien, um die es hier in diesem Beitrag geht, sind etwas vollkommen anderes, als wirkliche Rivalität mit Aggression und Gewalt, welche auch bei Geschwisterkindern vorkommen kann, jedoch ihren Ursprung nicht in der Geschwisterbeziehung haben, sondern im Paar- und Elternklima. Erkennbar ist dies daran, das sich hier ruhige und friedliche Spielmomente nicht mit Spannungsmomenten abwechseln sondern vorwiegend eine angespannte, feindselige Grundstimmung vorherrscht. Um eine Lösung zu finden, braucht es hier in erster Linie die Arbeit der Eltern an sich selbst und an ihrer Beziehung.
Und es ist ein Thema für sich. Eines, auf das ich zu einem späteren Zeitpunkt hier auf diesem Blog noch eingehen werde, welches aber auch immer wieder in unseren Seminaren besprochen wird.

solltet ihr dazu Fragen haben, wendet euch bitte an office@authenticparenting.at

Konfliktvermeidung
Das Zauberwort schlechthin. Und eigentlich kein schlechtes Wort, denn einen Weg zu gehen, der alle Anwesenden einschließt und deren Bedürnfisse berücksichtigt, ist wichtig. Einen Weg zu gehen, der be-achtet und wertschätzt, statt kritisiert und bewertet, ist erstrebenswert.
Und es ist zweifelsohne ein Weg, der Konflikte weitestgehend vermeidet, ganz von selbst, aufgrund des achtsamen und wertschätzenden Miteinanders.
ABER es ist auch ein Wort, das – in Kombination mit der nach wie vor wirkenden „Hört auf zu streiten, vertragt euch!“ – Ermahung unserer Kindheit – Druck erzeugt. Vor allem, weil dieses Wort so oft und gerne komplett aus dem Zusammenhang gerissen wird und das Rundherum einfach fehlt. Der Hintergrund und das Gesamtbild. Das Verstehen und Erkennen, der Zusammenhänge.

  • Denn warum streiten kleine Menschen?
  • Warum kommt es zu Konflikten?
  • Wie wirken sie und was bewirken sie?

Doch darum geht es selten. Viel eher wollen wir vermeiden. Wollen, dass FRIEDEN herrscht und nicht dieses mühsame Dauergeplänkel. Da kommt die Idee von Konfliktvermeidung genau richtig. Und so üben wir uns weiterhin darin – nach verschiedensten Methoden etwas zu unterdrücken, zu unterbinden und zu verhindern, was nicht sein darf in dieser Gesellschaft.
Doch das erzeugt DRUCK. Den Druck in einem immer friedlichen und entspannten Miteinander zu leben, wo es eigentlich nur das „wir haben uns alle so lieb“ Miteinander geben darf, damit es richtig ist. Und nicht zuletzt werden Konflikte nicht dadurch vermieden, dass wir sie undbedingt vermeiden wollen und auf biegen und brechen versuchen, FRIEDLICH, RUHIG und GELASSEN zu sein.

Doch in manchen Momenten schaffen wir das nicht. Da haben wir uns nicht lieb, sondern sind vielleicht wütend aufeinander oder genervt voneinander. An manchen Tagen sind wir einfach nicht in unserer Mitte und haben sehr schmal gesteckte Grenzen.
Und an eben diesen Tagen kommt es dann oft auch zu Spannungen, fegen Gewitterstürme über uns hinweg und entladen sich gewaltige Donnerwolken zwischen uns. An diesen Tagen fällt es uns schwer Ruhe zu bewahren gelassen zu bleiben oder darüber hinweg zu lächeln, wenn andere uns zu Nahe kommen. Gleich ob wir bereits erwachsen sind oder erst heranwachsend. Gleich ob wir groß oder klein sind.

Nur ja kein Streit
Zugegeben, Geschwisterstreitigkeiten sind gelegentlich nicht nur nervig sondern auch furchtbar anstrengend. Dieses ewige Gezanke darüber wer wo sitzen darf oder wer welche Schüssel bekommt, und so weiter und so fort …

Doch einmal mehr dürfen wir uns die Frage stellen, was uns an diesen Streitigkeiten stört und warum wir sie beenden wollen. Vielleicht gar um jeden Preis.
Einmal mehr dürfen wir uns die Frage stellen, welches Bild in uns vorherrscht und welche Erwartungen wir hier, in die kleinen Menschen hegen.

Lini Lindmayer – Authentic Parenting

Denn einmal abgesehen davon, das jegliches Eingreifen in Streitigkeiten, auch der Versuch lösungsorientiert zu schlichten (ausgenommen davon sind selbstverständlich Gewalt und Aggression), eine ziemliche Respektlosigkeit den aneinander Geratenen gegenüber darstellt und hier Beziehungsprozesse mitunter abrupt beendet werden, werden da zusätzlich Erwartungen in die kleinen Menschen gesetzt, die wir als Erwachsene nicht einmal annähernd erfüllen können.
Wir streiten vielleicht nicht mehr über Sitzplätze, dafür über liegen gebliebenen Schmutzwäsche oder stehen gebliebene Tee-/Kaffeetassen. Wir streiten vielleicht nicht mehr darüber, wer zuerst sein Essen auf dem Teller hat, dafür über andere Nichtigkeiten des alltäglichen Familienlebens.
Und trotzdem sind wir Partner. Trotzdem sind wir ein Team und leben ein Miteinander.
Warum sollte das bei kleinen Menschen anders sein?

Und dann wäre da noch dieser klitzekleine, aber durchaus beachtenswerte Aspekt, der erklärt, warum Geschwister so häufig aneinander geraten und warum wir manches Mal den Eindruck nicht los werden, dass sie diese Streitigkeiten sogar irgendwie forcieren oder vielleicht sogar auf ganz banale Art und Weise genießen (selbst wenn es sie emotional fordert).
Denn wo ließe es sich besser lernen, was soziales Miteinander heißt, als dort, wo einem nichts passieren kann? Wo man sich sicher sein kann, dass da jemand (Mama oder Papa) ist, der zur Not auffängt und im Emotionssturm begleitet, als im sicheren Hafen des Familiengefüges?

Die Lösung
Was wäre wenn?
Wenn wir einfach einmal streiten ließen. Wenn wir diesem Aneinander geraten ebenso Raum bieten würden, wie dem fröhlich – entspannten Miteinander. Was wäre, wenn wir einfach einmal darauf vertrauen würden, dass die Kleinen schon eine Lösung finden werden. Gleich wie die auch aussehen mag und wie (gefühlt) lange sie dafür brauchen werden?

Denn rauben wir durch unser Eingreifen nicht die Möglichkeit zu lernen? Nehmen wir den kleinen Menschen durch das Unterbinden und Verhindern, dieses Ermahnen und Schlichten nicht die Chance, selbstbestimmt und eigeninitiativ zu einer Lösung zu finden?
Erwarten wir hier nicht etwas, was es eigentlich nicht gibt?
Ein immerzu friedliches und (vermeintlich) harmonisches Miteinander?

Natürlich, die Idee erscheint vielleicht im ersten Moment so abwegig, dass wir sie sofort wieder verwerfen wollen. EINFACH STREITEN LASSEN!!! Wer macht den sowas?
Schließlich haben wir gelernt, dass MAN NICHT STREITET. Und irgendwie müssen wir den kleinen Menschen ja lernen, sich zu vertragen. Oder etwa nicht? Sie brauchen doch Erwachsene für die Konfliklösung und Konsensfindung und weiß der Teufel was noch alles, …
Man kann doch nicht einfach nichts tun! Was wären wir denn da für Eltern, wenn wir einfach sein lassen würden …

Ja, natürlich brauchen sie Erwachsene. Erwachsene die in der Konfliktlösung Vorbild sind. Die durch ihr eigenes Konflikte austragen zeigen, wie man aneinander geraten und dennoch achtsam miteinander umgehen kann.
Sie brauchen Erwachsene, die einen geschützen Rahmen bieten, wo streiten und sich wieder vertragen sein darf. Sie brauchen Erwachsene, die es beherrschen zurückhaltend zu begleiten und da zu sein. Ohne zu argumentieren, zu kommentieren, zu ermahnen, zu drohen oder zu beeinflussen …

Selbstbestimmt
Wenn wir wollen, dass unsere Töchter und Söhne lernen mit ihren Gefühlen umzugehen, sie zu achten und ihnen Raum zu geben, dann müssen wir auch den Mut und das Vertrauen in sie haben, Konflikte zu lösen.
Wir dürfen sie nicht alleine lassen, aber wir müssen sie tun lassen und uns im Hintergrund halten. Hinhören, -schauen, wahrnehmen und da sein, wenn sie begleitung brauchen.
Was ein achtsames und wertschätzendes Miteinander ist lernen kleinen Menschen nicht durch erwachsenengesteuerte Konfliktvermeidung, sondern durch den Raum, tun zu dürfen. Sie lernen es dann, wenn ihre Gefühle und Emotionen sein dürfen, wenn ihnen vertraut wird und sie ihre eigenen Erfahrungen machen dürfen.

Das ist vielleicht anstrengend für uns Eltern, weil es einmal mehr darum geht zu erkennen, warum uns etwas stört und wo wir ansetzen müssen um zu verändern.
Aber es zahlt sich aus und es führt im Endeffekt ganz selbstverständlich zu einem wesentlich ruhigeren und friedlicheren Miteinander.


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